Wehmütig betrachtete ich das Schloss, welches genau vor uns in die Höhe ragte. Das Gemäuer wirkte kalt und doch anziehend. Nachdem Corin und ich aus dem Auto ausgestiegen waren, nahm ich unsere Sachen. Ihr Blick fiel kurz zu mir, ehe sie meine Hand nahm und wir gemeinsam uns auf den Weg zum Haus der Wachen machten. Jeder Schritt, war seltsam. Alles in mir wollte nicht zurück in dieses Schloss und doch zog mich etwas an. °Chels Gabe°, dachte ich nur und schluckte leicht. Corin und ich würden nie frei sein. Würden nie in den Genuss der Freiheit und Unbeschwertheit kommen. Corin und ich betraten das Haus, leicht verwundert sah ich mich um. Es war so seltsam ruhig. Und es schien keiner so recht anwesend zu sein. Schulter zuckend führte ich Corin zu meinem Gemach. Dort könnten wir erst einmal unsere Sachen abstellen. Ich war mir sicher, dass Corin so schnell wie möglich Aro die Sache mit Lorena mitteilen wolle. Leicht lächelte ich, als ich an sie dachte. Ob Aro es erlauben würde, sie bei uns aufzunehmen?
Nachdem wir mein Zimmer beteten hatten, stellte ich unsere Sachen ab und drehte mich auch sogleich zu Corin um. Ihr Blick fiel auf mich, blickte mir in die Augen. Intensiv erwiderte ich diesen und nährte mich ihr. Ohne irgendwelche Worte zu sagen, küsste ich sie. Worte wären auch überflüssig gewesen, in diesem Moment.
Der Kuss, welcher so sanft und verlangend war, hielten wir lange aufrecht. Es war ein schönes Gefühl ihr so nah wieder zu sein. Nur widerwillig lösten wir den Kuss, sahen uns dennoch lange danach an. Zärtlich streichelte ich ihr über die Wange, lächelte sie liebevoll an und lauschte ihren Worten. Corin klang zweifelnd, ich verstand sie. Aro könnte wirklich etwas dagegen haben, was ich jedoch nicht hoffte. Ich nickte ihr leicht zu, ehe ich ihre Hand nahm und mit ihr aus dem Zimmer verschwand und mit ihr Richtung Thronsaal lief.

Nach einer schier Unendlichkeit, kam ich in Volterra an. Es war bereits Nachmittag und die Sonne schien in sanften Strahlen zwischen den Wolken hervor. Seufzend zog ich die Kaputze meines Mantel tief ins Gesicht und lief durch die Straßen Richtung Schloss. Ich hasste es, wenn wir uns so verstecken mussten, doch leider blieb uns nichts anderes übrig. Die Existenz der Vampire musste geheim bleiben, um jeden Preis. Tief atmete ich die Luft ein, wie sehr ich diesen würzigen Geruch, der einheimischen Kräuter vermisst hatte. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf meine Lippen. Wie gelöst ich mich fühlte, obwohl tief in mir der Schock der Geschehnisse der letzten Stunden lag. Selina schien so fern zu sein und doch wusste ich, dass ich noch lange daran zu nagen hatte. Und noch ein Gedanke schob sich in mein Bewusstsein. Wie sollte ich vor Corin treten? Sollte ich es ihr sagen, was geschehen war? Oder sollte ich es einfach verdrängen? Nicht mehr daran denken, es vergessen. Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Egal was ich tat, es würde Corin verletzen. Es würde mich verletzen. Ich konnte es nicht sehen, wenn sie litt und wenn es noch meine Schuld ist, war es kaum auszuhalten. Erneut seufzte ich, dabei blickte ich auf. Vor mir lag das Schloss, mein zu Hause und Gefängnis zugleich. Ein bedrückenes Gefühl durchströmte mich. Nie würden Corin und ich frei sein, ewig würden wir Aro's Schachfiguren sein. Der Gedanke ließ mich leise knurren. Ich hasste es. Mein ganzes Leben, wurde ich nur benutzt. Als Mensch von Selina und als Vampir erst von Amun und jetzt von Aro. Und Corin? Wie war ihr Leben bevor sie verwandelt wurde? Erst jetzt fiel mir auf, dass ich kaum was über ihre Vergangenheit wusste, obwohl wir uns so lange kannten. Es war einfach nicht so wichtig gewesen für uns. Ich würde sie mit dieser Frage nicht bedrängen, auch wenn mich ihre Vergangenheit sehr interessierte.
Mit eleganten Schritten lief ich den Korridor entlang, zunächst würde ich auf mein Zimmer gehen. Meine Sachen dort abstellen und danach würde ich erstmal schauen. Entweder suchte ich Corin auf oder aber Sofia. Beides reizte mich sehr, ich vermisste Corin so schrecklich und brauchte ihre Nähe. Und Sofia hatte ich solange nicht mehr gesehen, ebenso wie Tyler. Kopfschüttelnd öffnete ich die Tür zu meinem Gemach und ließ leise diese ins Schloss fallen. Meine Hand wanderte zu der Kaputze und zog sie vom Kopf, kurz darauf entledigte ich ganz den Mantel und schmiss diesen auf mein Bett. Mein Blick schweifte umher, es lag alles so da, wie ich es verlassen hatte. Selbst Corin's Reisetasche stand noch hier. Sie war also noch nicht her gekommen, um sie zu holen. Leicht schmunzelte ich, es war so typisch für sie. Sicherlich hing sie gerade bei Chels und quatschte mit ihr über irgendwelche Frauensachen. Dinge dich ich nicht nachvollziehen konnte. Immerhin, wer brauchte auch so viele Handtaschen; Schuhe und Schminkzeug?
Mein Blick fiel zum Fenster und trat auch sogleich an dieses. Langsam öffnete ich dieses und ließ die frische Luft hinein. Eine angenehme Brise durchwehte mein Haar, worauf ich die Augen schloss und die Liebkosung des Windes genoss. Es tat so gut, wieder hier zu sein, auch wenn ich mich nach der Freiheit sehnte. "Nur ein Traum", murmelte ich und sah zum Himmel hinauf. Für diesen Moment vergaß ich die Situation in London und somit auch Selina. Dennoch wusste ich, dass dies nicht von langer Dauer sein würde.