Es war ein ganz normaler Morgen. Ein ganz normaler Schulmorgen. Bevor ich aufstand, schaute ich noch kurz auf den Wecker: 06:07. Ruth hatte wohl heute Weckdienst. Sie war immer auch ein bisschen verpennt, weswegen wir immer eine halbe Stunde später aufstanden, wenn sie dran war mit wecken. Ich musste, Gott sei Dank, nie den Weckdienst übernehmen, weil wir dann wahrscheinlich immer so gegen 11 Uhr mittags in der Schule wären. Ich stand auf und schlurfte immer noch halb schlafend zum Schrank. Wahllos griff ich nach einem Top und einer Jeans. Kurz begutachtete ich das Ergebnis und da es einigermaßen zufriedenstellend war, ein Türkises Top und eine dunkel blaue Jeans, zog ich mich um. Dann ging ich ins Bad und versuchte vergeblich meine Haarmähne zu bändigen. Um diese dumme Zicke aus Girls Club zu zitieren: „Meine Haare machen was sie wollen“. Aber wenigstens waren sie halbwegs schön. Blonde Wellen/Locken, obwohl blond konnte man das nur schwerlich nennen. Eher so was zwischen goldblond und hellbraun, aber ich liebte sie trotzdem. Lächelnd betrachtete ich mein Spiegelbild. Ein wenig Motivation am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen, sagte ich mir. Schnelle, damit sich niemand von meinen Freunden beschweren konnte, dass ich das Bad mal wieder blockiere, ging ich die Treppen runter zum Esszimmer. Wer war eigentlich auf die dumme Idee gekommen mit 5 Mädchen in ein Haus zu ziehen mit nur einem Bad? Das war der reinste Wahnsinn. Am Frühstückstisch warteten die anderen, Laura, Sina, Ruth und Genuwine schon auf mich. Laura, ganz vertieft in ihr Nutella Brot, Genuwine über ihre Haare motzend, Sina normal frühstückend und Ruth noch halb am Schlafen. Ja, Ruth war auch so verpennt wie ich. Okay, noch verpennter, obwohl das nur schwer möglich war. Im Unterricht musste sie von jedem Lehrer erst geweckt werden, bevor sie antworten konnte. Ich quetschte mich zwischen sie und schnappte mir etwas Schokomüsli. Morgens bekam ich einfach nie Brot runter. Zu dem Müsli trank ich etwas frischgepressten Orangensaft, zwar vom letzten Tag, aber dennoch lecker. Natürlich hatten wir mal wieder Zeitstress, weswegen ich den Rest des Müslis schnell hinunterschlang. Dann fuhren wir auch schon zur Schule. Von uns fünfen hatte nur Genuwine ein Auto und einen Führerschein. Ich blockierte, wie so oft, den Beifahrersitz und die anderen drei mussten sich auf die Rückbank setzen. Sie saßen mehr aufeinander als nebeneinander, aber bis jetzt war das immer gut gegangen. Wie eigentlich jeden Tag waren wir um Punkt 7:15 in der Schule und warteten im Pz auf den Unterrichtsbeginn. Bei mir fiel die erste Stunde aus. Scheinbar war Frau Merkle wirklich nie da. Da könnte ich doch einfach die erste zuhause bleiben, aber nein ich quälte mich jeden Montag zur ersten in die Schule. Zum Glück ging es den anderen ebenso. Wir waren zufälligerweise im gleichen Musikkurs gelandet. Nächsten Montag würden wir zuhause bleiben, das stand fest. Wahrscheinlich war Genuwine ohnehin einer Meinung mit mir, sodass ich niemanden überreden müsste, was ich aber sehr gut konnte, sehr zum Missfallen meines Lateinlehrers. Wir vertrieben uns die erste Stunde, wie jeden Montag, damit die restlichen Hausaufgaben zu machen und noch etwas zu lerne, ich zumindest. Die anderen machten nur Hausaufgaben oder schrieben Sms an irgendwelche Menschen, die gerade Unterricht hatten
Also saßen wir im Pz als wir ein weiteres Auto,das aufgrund des Motorgeräusches ziemlich teuer klang, auf dem Parkplatz neben dem Pz hörten. An sich ja nichts ungewöhnliches, doch war es schon recht spät dafür. Ich meine, die erste Stunde war fast um und außer unserer Lehrerin war kein anderer entfallen, so dass eigentlich alle Unterricht haben müssten. Wer war also der Mensch auf dem Parkplatz? Es könnte natürlich auch ein Lehrer sein. Egal, dieser Mensch würde hier durch gehen, es sei denn er wäre ein bisschen dumm. Denn das war der kürzeste Weg in die Schule hinein. Neugierig blieb ich sitzen und schaute gespannt zur Tür. Ein Junge, etwas älter als ich also 17 ungefähr, betrat sich etwas hilflos umschauend das Pz. Ich kam nicht umhin zu bemerken, dass er für die Verhältnisse an unserer Schule hübsch war. Die meisten Jungs an unserer Schule lassen wirklich zu wünschen übrig, aber er sah ziemlich gut aus. Seine Haare waren mittelbraun und er war ziemlich hochgewachsen, machte dennoch einen muskulösen Eindruck. Ich würde gerne seine Augen sehen, aber leider wurden sie von einer teuer aussehenden Sonnenbrille verdeckt. Ruth bemerkte das anscheinend auch und grinste mich an. Ich stand auf und ging zu dem Typen, von dem ich stark annahm, dass er neu hier an der Schule war. „Kann ich ihnen helfen?“, fragte ich höflich mit einem freundlichen Lächeln. Er lächelte reserviert, aber dennoch charmant zurück. „Ich würde gerne wissen, wo sich das Sekretariat befindet.“ Ich zeigte auf den Ausgang Richtung Schulhof. „Sie müssen den Schulhof überqueren, die erste Tür links, dann in den Ersten Stock und dann rechts. Auf der rechten Seite ist dann die Tür zum Sekretariat. Eigentlich kaum zu verfehlen.“ Mit einem weiteren Lächeln verabschiedete er sich und ging los. Ich setzte mich wieder zu meinen Freunden. Auch sie hatten den neuen anscheinend attraktiv gefunden, also auf jeden Fall Ruth und Laura. Genuwine eher weniger und bei Sina war ich mir da nicht so sicher. Ruth konnte sich kaum noch einkriegen, dabei hatte sie noch nicht mal mit ihm geredet. „Der ist ja so was von HK.“ HK steht für heißer Kerl. Eine der wenig kreativen Einfälle Ruths . Aber ich musste ihr Recht geben. Wie gesagt für das Niveau der Schule war das definitiv eine gewaltige Verbesserung. Trotzdem war er nicht so ganz mein Typ, doch besser als nichts. Da klingelte es zum Ende der ersten Stunde und die Gruppe trennte sich. Ruth und ich zu Englisch, Laura und Genuwine zu SoWi und Sina zu Musik.
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